Kunst ohne Grenzen

Wie drei Busse vor der Frauenkirche die Welt auf den Kopf stellen …

Manchmal verstehe ich die Welt nicht mehr. Es war nach einem meiner Workshops an der Hochschule für Bildende Künste Dresden, als ich im November 2016 zum ersten Mal von Manaf Halbounis neuem Projekt hörte. Eine Freundin und Kollegin erzählte mir damals, was der Absolvent der Hochschule mit „Monument“ in Dresden vorhat: drei Busse hochkant vor der Frauenkirche, die an den Krieg in Syrien erinnern. Denn so wie die Menschen 1945 hier unter der dicken Kuppel der Frauenkirche Schutz suchten, versteckten sich die Einwohner von Aleppo vor Scharfschützen hinter großen, senkrecht aufgestellten Bussen.

Eigentlich wollte ich damals schon über die Kunstaktion schreiben, denn die Idee gefiel mir: Ein Friedenssymbol vor dem Friedenssymbol. Dresden müsste das verstehen, denkt man, besser als jede andere Stadt. Doch das Gegenteil ist der Fall, wie die vergangenen Tage zeigen.

Der Künstler Manaf Halbouni ist kein Unbekannter. Mir haben seine Arbeiten schon 2014 in der Diplomausstellung der HfBK sehr gut gefallen. Das Auto als Lebensraum eines Wanderers, ein Kunstwerk mit dem Titel „Entwurzelt“, war eines der wenigen, das mich damals in der Ausstellung berührt hat. Wenig später machte Manaf Halbouni erneut mit einem bepackten Auto von sich reden. Spätestens da löste er zum ersten Mal in der Stadt Diskussionen aus. Mit der Installation „Sachse auf der Flucht“ protestierte er 2015 mit seiner Kunst offen gegen die montäglichen Spaziergänge und Demos auf den schönsten Plätzen von Dresden. Im gleichen Jahr stellte er mit einigen Kollegen auch auf der Biennale in Venedig aus, unter anderem. Ich finde, Dresden sollte stolz sein! Ich war es jedenfalls, als ich davon las. Manaf Halbouni hat sein Diplom hier gemacht, in der gerühmten Kunst- und Kulturstadt an der Elbe, in Elbflorenz. Er ist ein junger Künstler, der etwas zu sagen hat, der uns mit seinen Werken und den meist autobiografisch inspirierten Geschichten, die sich dahinter verbergen, bereichern kann.

Er ist 1984 in Syrien geboren, studierte 2005 bis 2008 Bildhauerei an der Hochschule für Bildende Künste in Damaskus, bevor er 2009 nach Dresden in die Fachklasse von Prof. Eberhard Bosslet kam. Das Thema Flucht und Heimatlosigkeit zieht sich durch sein Werk wie ein roter Faden, erstaunlicherweise gibt er dem Betrachter dabei immer auch ein wenig Hoffnung mit auf den Weg.

Halbouni lebt und arbeitet in Dresden, schreibt er auf seiner Webseite – und nun hat er drei Busse vor der Frauenkirche aufgestellt, an jenem Platz im Herzen der Stadt, der für Wiederaufbau und Versöhnung steht. Das mag gefallen oder nicht, ich kann daran jedenfalls nichts Verwerfliches finden! Für Freiheit, Frieden und Menschlichkeit will Halbouni mit seinem „Monument“ einstehen, das Symbol Frauenkirche und die Geschichte unserer Stadt ganz bewusst mit der Gegenwart in Syrien verknüpfen, die Menschen wach rütteln, gemahnen.

Natürlich spricht es immer für Kunst, wenn sie Diskurse aufwirft, zu Kontroversen und Diskussionen führt. Aber doch bitte nicht so! Nicht pöbelnd, nicht schreiend, nicht drohend. Es macht schon ein wenig sprachlos, wenn ein Kunstwerk hinter Gitter muss, bewacht von Polizei, um Vandalismus zu vermeiden. Das ist gerade so, als seien es nicht drei Busse, die hier auf dem Kopf stehen, sondern als wäre vielmehr alles drum herum aus den Fugen geraten. Dem Künstler macht das scheinbar keine Angst. Manaf Halbouni twittert und kommentiert, er hinterfragt einfach weiter, zählt auf seiner Webseite die Minuten bis zur Eröffnung und sendet damit klare Signale aus Dresden in die Welt. Im Sinne der Kunst sollten wir es ihm nachtun und einfach mutig sein, statt zu schweigen.

 

Kunstinstallation „Monument“, Dresdner Neumarkt, vom 7.2. bis 3.4.2017

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