Englischer Spuk trotz Brexit

Schüler zeigen Oscar Wildes „Gespenst von Canterville“ als humorvolle Adaption iM Schlosspark AltroSsthal

Es ist schon eine schöne Tradition geworden: Am Wochenende vor den großen Ferien ist Theaterzeit im Schlosspark Altroßthal. Dieses Mal lässt Regisseur Toni Burghard Friedrich hier mit der Theater AG des Beruflichen Schulzentrums für Agrarwirtschaft und Ernährung Oscar Wildes „Gespenst von Canterville“ in der Dämmerung spuken – und haucht der gruseligen Geschichte des Iren eine gehörige Portion Humor ein.

Dass darin am Tag nach dem ganz realen Brexit auch immer etwas Galgenhumor mitschwingt, mag Zufall sein, trägt aber nur umso mehr zum Gelingen des Ganzen bei. Mit großem Engagement bringen die Schüler in einer ambitionierten Aufführung Wildes schaurig bittersüße Geschichte über das Aufeinanderprallen der alten und der neuen Welt auf die Bühne: Auf Schloss Canterville wohnt seit Jahren niemand mehr, – erzählt man sich doch, Sir Simon de Canterville, der angeblich 1557 seine Frau umbrachte, spuke hier noch immer. Eine touristische Attraktion ist dieser Mythos aber allemal, und so führt Schlosskoch Philippe täglich Touristenrudel durch das alte Gemäuer. Als plötzlich eine amerikanische Familie von Großindustriellen das Schloss, die Ländereien, das Personal samt Gespenst kauft, ist es mit dem Touri-Spuk dann aber aus. Die Welt im englischen Canterville steht Kopf – und die Amis glauben bekanntlich an gar nix! Gespenster? Die gibt es nur im Märchen – was Sir Simon bald vor ungeahnte Herausforderungen stellt.

Toni Burghard Friedrich und sein Schülerensemble erzählen die Story mit sommerlicher Leichtigkeit, aber ohne Wildes Vorlage dabei zu entstellen. Allein die Personnage lässt Lachfältchen sprießen: Mr. und Mrs. Ottis (Dominik Decker und Michelle Mittring) sind die schicken Kapitalisten mit dicker Uhr und ständig wechselnder Gardarobe. Ihre Tochter Virginia (Lisa Zimmer) ist das brave Mädchen mit Herz, die Zwillinge Washington und Nixon (Erik Hamann und Malte Reppe) hopsen beschwippst von zu viel Coke hyperaktiv über die Bühne und hecken Streiche am laufenden Band aus. Dem gegenüber steht die gesetzte englische Dienerschaft, die stets versucht, alte Mythen um das Schloss vor zu viel frischem Wind aus dem Westen zu bewahren: Philippe (Philip Scheffler), Buttler Sam (Michael Prause) und Haushälterin O’Brain (Anna Springer) bringen britishen Dienercharme ins Spiel und wollen die lästigen Amis doch eigentlich nur schnellstmöglich wieder loswerden.

Erzählt wird ungewzungen, fast episodenhaft und immer wieder mit lustigen Zwischenszenen gewürzt, sodass die knapp 3 Theaterstunden sich zu einem kurzweiligen Abend schmiegen. Freyja Herold etwa sorgt als schrulliger Sir Simon mit einem trefflichen Theaterintermezzo von Shakespeare bis Mozart, inklusive kelig vorgrtagener Arie der Königin der Nacht, für Lacher. Die Vorgeschichte eröffnet den Abend als zuckersüße „Dinner for one“-Adaption und immer wieder erinnert die Figurenzeichnung an das Personal aus bekannten amerikanischen Sitcoms wie „Die Nanny“ oder „Eine schrecklich nette Familie“.

Das junge Laienensemble leistet beachtliches an diesem Abend, bringt Akt um Akt immer mehr Witz ins Spiel. Besonders schön wird das auch dieses Jahr, wenn die Sonne allmählich hinter den Baumwipfeln hinab sinkt und nach der zweiten Pause dann endlich richtige Geisterstimmung im Park aufkommt. Das Ensemble hat sich längst schon warm gespielt, die Dramatik steigt – das Publikum verharrt zwischen Schauern und Lachen. Den Applaus hat es an diesem Abend nicht erst bis zum Ende aufgespart, mehrfach wurden die Gags mit Szenenapplaus quittiert, zu Recht! Schade eigentlich, dass die Aufführung nur noch zweimal, am heutigen Sonnabend (25.6.) sowie am Sonntag (26.6.) zu sehen ist. Für alle, die da noch nichts vorhaben: Egal, ob es regnet: Ein Besuch in Altroßthal lohnt sich allemal!

Termintipp: „Das Gespenst von Canterville“ im Schlossparktheater Altroßthal, am 25. und 26. Juni, 20 Uhr, Altroßthal 1

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