Musikalischer Liebesdialog in Blei und Tinte

Robert Schumanns Skizzen zum Klaviertrio op. 63 sind zurück in Dresden

„Nicht schnell, aber mit Leidenschaft“, mit diesen Worten hat Robert Schumann (1810-1856) sein erstes Klaviertrio op. 63 (Foto: SLUB Dresden/Henrik Ahlers) überschrieben. Er schenkte es seiner Frau Clara zum 28. Geburtstag, dazu eine Ananas, eine Melone und eine Flasche Parfum. Noch am selben Abend, dem 13. September 1847, erklang das Klaviertrio, gespielt von befreundeten Musikern aus der Hofkapelle und Clara Schumann am Klavier zum allerersten Mal in Dresden. Das Stück erzählt so auch ein wenig die Geschichte des Musikerehepaares, das von 1844 bis 1850 in Dresden lebte, hier vier Kinder zeugte, bei geselligen Salonabenden einen riesigen Freundeskreis um sich versammelte und auch musikalisch äußerst schaffensreiche Jahre an der Elbe verbrachte.Das Klaviertrio op. 63 ist nur eines von vielen Werken Schumanns, die in Dresden entstanden. Es gilt als Schlüsselwerk der Kammermusik der deutschen Romantik und wird heute auf der ganzen Welt gespielt.

Umso schöner ist es, dass es der Sächsischen Landesbibliothek, Staats- und Universitätsbibliothek (SLUB) gelang, die originalen Skizzen zu dem Stück zurück nach Dresden zu holen. Über 100 Jahre lang lagerten sie im Privatbesitz, schlummerten zunächst in der Schublade von Schumanns ältester Tochter Marie und wechselten 1911 in den Besitz des renommierten Schumann-Sammlers Alfred Wiede. Seine Familie verwahrte den Autograph bis 2013. Bei einer Auktion ging er erneut in Privatbesitz, bevor er 2014 im Autographen-Handel wieder auftauchte. Mit Unterstützung der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien, der Kulturstiftung der Länder und des Sächsischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst konnte die SLUB die Skizzen Anfang des Jahres bei einem amerikanischen Antiquariat erwerben.

„Der Schumann passt perfekt hierher“, sagt Prof. Dr. Thomas Bürger, Generaldirektor der SLUB. Die Skizzen zum Klaviertrio erweitern den Schumann-Bestand der Bibliothek nun auf 17 Werke und fünf Handschriften des Komponisten. Die SLUB besitzt unter anderem das sogenannte Schumann-Album, eine aus über 420 Blättern bestehende Sammlung mit Briefen und Albumblättern aus dem Freundes- und Bekanntenkreis des Ehepaares sowie etliche Briefe von und an Robert und Clara Schumann, die einen lebendigen Einblick in das künstlerische und private Leben der Familie geben.

Das Klaviertrio op. 63 hat Schumann mit kleinen, zarten Noten auf 25 losen Blättern skizziert. Sie umfassen das musikalische Gerüst für den ersten, zweiten und vierten Satz von Opus 63. Wenn man die Handschrift betrachtet, ist es fast so, als könnte man dem Komponisten mehr als 100 Jahre später noch bei der Arbeit über die Schulter schauen: Teilweise in Tinte, teils mit Bleistift hat er seine musikalischen Ideen zu Papier gebracht, hier und da etwas durchgestrichen, am Rande nachträglich Anmerkungen und einige Notizen hinzugefügt.

Für Musiker und Wissenschaftler dürfte der Erwerb der Handschrift durch die SLUB der Öffnung einer alten, lange Zeit versteckten Schatzkammer gleich kommen. Dank moderner Technik sind die Skizzen jetzt überall auf der Welt einzusehen: Auf der Homepage der SLUB kann man nach Herzenslust durch die 25 Seiten des digitalisierten Manuskripts blättern und den Entstehungsprozess des Klaviertrios studieren. Im Haushaltsbuch hat Schumann vermerkt, dass die Grobkonzeption des Stücks nach nur zwei Wochen abgeschlossen war. Er beschreibt die Arbeit daran immer wieder mit dem Wort „Freude“.

Die hat sicher auch seine Frau Clara empfunden, als sie das Stück am 13.9.1847 am Klavier interpretierte. „Es klingt wie von einem, von dem noch vieles zu erwarten steht, so jugendfrisch und kräftig, dabei doch in den Ausführungen so meisterhaft!“, soll sie anschließend gesagt haben. Dabei war sie an der Entstehung des Werkes vielleicht gar nicht ganz unschuldig. Denn Robert Schumann schenkte es ihr auch als Antwort auf das Klaviertrio op. 17 seiner Frau, das Clara ihm ein Jahr zuvor zum Hochzeitstag überreicht hatte. Insofern ist mit dem Autograph wohl auch ein musikalischer Liebesbrief von Robert Schumann an seine Frau nach Dresden zurückgekehrt.

Termintipp: Am 12. August 2016, 19.30 Uhr, werden die Skizzen zu Robert Schumanns Opus 63 im Rahmen des Moritzburg Festivals präsentiert.

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