Das Biest mit Schulterpolstern

Schüler am BSZ Altroßthal zeigen „Romeo und Julia“

Nein, dieses Mal wollte sie nicht schon wieder das nette Mädchen sein. Wiebke Weiland spielt beim Sommertheater im Schlosspark Altroßthal die Gräfin Capulet in Shakespeares „Romeo und Julia“ und damit erstmals keine Hauptrolle. Die frisch gebackene Abiturientin stand bei der Theateraufführung des Berufsschulzentrums für Agrarwirtschaft und Ernährung schon in Schillers „Maria Stuart“ (2013) und als Gretchen in Goethes „Faust“ (2014) auf der Bühne. „Die Theater-AG war ein Grund dafür, dass ich diese Schule gewählt habe. Ein Freund sagte beim Tag der offenen Tür zu mir, es gibt hier eine ganz tolle Theatergruppe, du musst da mitmachen“, erzählt sie in einer Probenpause im Park.

Als der Gründer und Regisseur des Sommertheaters, Toni Burghard Friedrich, sie anschließend sofort mit einer Hauptrolle beehrte, sei das eine Überraschung gewesen. „Aber es war auch schön“, sagt sie. Sie hat sich damals sofort in die Theaterarbeit reingekniet, vielleicht liegt ihr das Schauspiel auch im Blut. „Mein Vater ist freier Schauspieler, ich selbst hatte durch Show- und Turniertanz schon ein bisschen Bühnenerfahrung“, erzählt Wiebke Weiland. Mittlerweile hat die 19-Jährige nun auch ihr Abitur in der Tasche und gehört zu den alten Hasen im Altroßthaler Ensemble.

Sie sitzt in einem bunten Kleid mit riesigen Schulterpolstern auf der Wiese. Denn die Schüler lassen die Geschichte von „Romeo und Julia“ in ihrer Inszenierung auf dem Campingplatz spielen – alles ist im Stile der 80er und 90er Jahre gehalten. Mehrfach im Stück zieht die eitle Lady Capulet sich um, Wiebke Weiland krabbelt dazu in einen alten Trabi am Rand der Bühne. „Die Rolle ist so richtig fies, ich musste mich da erst einmal reindenken. Ganz schlimm wird es am Schluss, denn Gräfin Capulet ist vom Tod der Kinder gar nicht gerührt – das ist schwer zu begreifen“, sagt die junge Darstellerin.

Weil ihr Theater so viel Freude macht, hat sie auch schon eine Saison lang an der St. Pauli Ruine in Dresden im Stück „Mörderspiele“ mitgespielt. „Eigentlich hätte ich das auch dieses Jahr noch getan, aber ich musste die Rolle abgeben“, erzählt sie. Der Grund ist ein Auslandsaufenthalt in England, den Wiebke Weiland als Orientierungsjahr nach dem Abitur geplant hat. „Ich liebe das British English, will unbedingt die Sprache können und werde quer durch England reisen und dort arbeiten“, erzählt sie. Anfang August geht es los, nur wenige Wochen nach den vier Aufführungen von „Romeo und Julia“ an ihrer alten Schule in Altroßthal.

„Es wird bestimmt mal ein komisches Gefühl sein, wenn ich später auf die Theaterproben hier zurück blicke. Es war eine schöne Zeit, aber ich freue mich jetzt, etwas Neues zu entdecken“, sagt sie. Dass sie später, vom Schülertheater inspiriert, einen künstlerischen Beruf wählt – wie schon viele Schüler des BSZ – schließt Wiebke Weiland nicht aus. Noch ist die junge Frau allerdings ein bisschen hin und her gerissen. „Ich habe hier mein Abi in Biotechnologie gemacht, das Fach ist sehr interessant. Ich weiß aber noch nicht, ob mir das als Studium wirklich Spaß machen würde“, sagt sie. Durch ihren Vater weiß sie allerdings, dass auch die Schauspielerei nicht nur Sonnenseiten hat.

„Die endgültige Entscheidung werde ich wohl bei meinem Aufenthalt in England treffen, wer weiß, was mir dort noch so alles begegnet“, sagt Wiebke Weiland. Aus den drei Jahren Schlossparktheater nimmt sie nicht nur viele schöne Erlebnisse bei den Aufführungen, sondern auch einige Erkenntnisse fürs Leben mit: „Die zwischenmenschlichen Beziehungen und die Kommunikation miteinander waren hier immer wichtig, der Gruppenzusammenhalt hat uns alle ungemein gestärkt – ich habe dabei auch gelernt, dass man sich manchmal positionieren muss, und manchmal auch zurückstecken“, verrät sie. In den vier Vorstellungen von „Romeo und Julia“ darf sie nun am kommenden Wochenende auf der Bühne einmal das Biest herauslassen – ganz unbeschwert mit dem Abi in der Tasche und dem Tor zur großen weiten Welt weit offen stehend vor sich.

Termintipp: Schlossparktheater Altroßthal, Altroßthal 1, am 9./10./11./12. Juli, 20.30 Uhr; Eintritt 7/ermäßigt 4 Euro, Abendkasse ab 19.30 Uhr geöffnet

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